Aus dem aktiven Dienst ins Ehrenamt
Ursula Wilkowski wird von Caritasdirektor Bernd Mones mit der Zinke-Medaille geehrt.Foto: Wirth
Es ist schon außergewöhnlich, wenn eine Mitarbeiterin nach 45 Dienstjahren beim selben Arbeitgeber aus dem Dienst verabschiedet wird. Für Ursula Wilkowski, langjährige Leiterin der Caritas-Region Görlitz war dieser Tag am 5. Juli 2023 gekommen. Caritas-Vorstand, Bistumsleitung, Kolleginnen und Kollegen, Kooperationspartner und Weggefährten aus 4 ½ Jahrzehnten kamen in das Gemeindehaus nach St. Hedwig in Görlitz.
Mit großer Anerkennung und voll Dankbarkeit blickten alle auf das gemeinsame Wirken für die Klientinnen und Klienten der Caritas in der Region Görlitz zurück. In der Dankandacht, die am Beginn der Feier stand, erinnerte der Vorsitzende des Caritasrates Dekan Udo Jäkel an die Werke der Barmherzigkeit, wie sie der Evangelist Matthäus beschreibt: "Hungrige speisen, Durstigen zu trinken geben, Fremde beherbergen, Nackte kleiden, Kranke pflegen, Gefangene besuchen." (Mt 25,35 ff) "Die Stelle liest sich fast, wie eine Stellenbeschreibung der Caritas.", betonte Jäkel. Tätige Nächstenliebe ist das Lebensmotto von Ursula Wilkowski. Bischof Ipolt zog in seinem Dank den Vergleich zum Barmherzigen Samariter, wie er im Lukasevangelium beschrieben ist. (Lk 10,25-37) Es kommt darauf an, die Not des Nächsten nicht nur zu sehen, sondern zu handeln. Das ist das Leitmotiv der Caritas. Der Direktor des Caritasverbandes der Diözese Görlitz Bernd Mones ehrte Ursula Wilkowski als "Caritäterin aus tiefstem Herzen". In seiner Laudatio zeichnete er Stationen ihres Berufslebens nach, angefangen von ihrer Ausbildung zum Wirtschaftskaufmann (die weibliche Form des Ausbildungsberufes kannte man damals noch nicht nicht), die sich anschließende Ausbildung zur Fürsorgerin, die sie mit der Anerkennung als Fürsorgerin im kirchlichen Dienst abschloss bis zur ersten Aufgabe als Fürsorgerin in der Dekanatsfürsorge im Caritassekretariat Senftenberg/Finsterwalde. Nach der Wende im Jahr 1992 folgte Gleichstellung nach Brückenkurs und Anerkennung als Diplom-Sozialarbeiterin (FH) und staatlich anerkannte Sozialarbeiterin durch das Land Brandenburg. Wilkowski übernahm die Leitung der Caritas-Kreisstelle Hoyerswerda und die Allgemeine Sozialberatung und wurde gleichzeitig Beauftragte für die Gehörlosenarbeit in der Diözese Görlitz. Seit 2016 war sie die Leiterin der Caritas-Regionalstelle Görlitz, in der die beiden Caritas-Kreisstellen Hoyerswerda und Görlitz aufgegangen sind. Caritasdirektor Mones zitierte aus Hermann Hesses "Stufen": "Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten" Dazu gehöre der Blick zurück genauso, wie der Blick nach vorn. Mones zeigte sich dankbar, dass Ursula Wilkowski den Caritasverband der Diözese Görlitz als Delegierte der Delegiertenversammlung des Deutschen Caritasverbandes im Ehrenamt vertreten wird. Zudem bleibt sie ihrem Dienst an den Gehörlosen auch im Ehrenamt weiter treu. Für ihr Lebenswerk im Dienst der Caritas ehrt der Vorstand des Caritasverbandes der Diözese Görlitz Ursula Wilkowski mit der Johannes-Zinke-Medaille. Mones überreichte der überraschten scheidenden Mitarbeiterin Urkunde und Medaille.
Die Johannes-Zinke-Medaille ist die höchste Auszeichnung des Caritasverbandes der Diözese Görlitz e.V. Sie ist zum Gedenken an Johannes Zinke entwickelt worden, dem ersten Caritasdirektor des heutigen Bistums Görlitz. Roland Elsner, Pfarrer der Pfarrei "Heiliger Wenzel" in Görlitz bedankte sich bei Ursula Wilkowski für ihren Dienst und zitierte dabei Ursula Wilkowski aus einem Artikel, den sie 2009 für die "Sozialcourage" geschrieben hatte. Darin heißt es: "Die kleine Forderung nach Achtung, Höflichkeit und Menschlichkeit ist leistbar, sie tut mir genauso gut wie dem Menschen, der auf der Straße lebt. Soziale Manieren verfolgen keine besondere Absicht, aber sie prägen eine Gesellschaft. Soziale Manieren wollen und meinen den Menschen - nicht den Kunden, die Arbeitskraft oder den Geldgeber - und sie kosten nichts. Dafür bringen sie uns allen aber unendlich viel." "Ursula Wilkowski hat diese Worte nicht nur aufgeschrieben, sondern macht sie für jeden erfahrbar, der ihr begegnet", betont Pfarrer Elsner.
Die Jugendamtsleiterin des Landkreises Görlitz Elke Drewke überbrachte Grüße des Landrates Dr. Stephan Meyer und der Sozialdezernentin Martina Weber. Drewke bedankte sich bei Wilkowski für ihre ideelle Begleitung, ihr Tun und ihr Menschsein. Damit bleibt die Zusammenarbeit immer in dankbarer Erinnerung.
Iris Schmidt vom DRK Görlitz überbrachte Grüße ihrer Vorständin Janet Schulz. Sie dankte Wilkowski für ihr Engagement in vielfältigen sozialen Themen, mit Kompetenz und Fachkenntnis immer mit dem Blick für die Klientinnen und Klienten an erster Stelle. Schmidt lobte ihre Kooperationsbereitschaft, immer zu gemeinsamen Maßnahmen bereit, um einen Beitrag zum Gemeinwohl zu leisten.
Domkapitular Ansgar Florian, Beauftragter zur Seelsorge für Menschen mit geistiger und körperlicher Behinderung im Bistum Görlitz dankte Ursula Wilkowski für ihr jahrzehntelanges Engagement in der Arbeit mit und für Gehörlose. Er brachte ihren Einsatz symbolisch auf den Punkt: "Im Job ist es wie bei einem Banküberfall, ohne die richtigen Komplizen wird das nichts." Das diese "Komplizenschaft" auch im Ruhestand Bestand haben wird, ist sicher.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Caritas-Region Görlitz bedankten sich sehr persönlich bei ihrer Chefin: Ferdinand Liedtke vom Jugendwohnen überreichte Frau Wilkowski einen Weinstock, der neben den köstlichen Trauben, die er hervorbringt, auch viel Symbolkraft in sich trägt - Wurzeln, die den Wein wachsen lassen, Pflege, die er braucht, um Früchte hervorzubringen und die Perspektive, das der eine Weinstock Anfang von einem ganzen Weinberg sein könnte. Nadine Homola und die Kolleginnen und Kollegen aus Hoyerswerda schenkten nützliche Dinge, um den Übergang in den neuen Alltag so angenehm wie möglich gestalten zu können. Die Görlitzer hatten eine besondere Überraschung vorbereitet. Sie zelebrierten detailgetreu den "ganz normalen Alltag" in der Caritas Regionalstelle: Die "nervige" Klingel kündigt im Minutentakt eine Hilfesuchende oder einen Hilfesuchenden an. Jede Klientin, jeder Klient wiederholt ständig sein Anliegen. Dabei den Überblick zu behalten, fällt schwer. Und doch sind sie alle hier richtig, bei der Caritas bekommen sie Hilfe mit Herz und Verstand.
Ursula Wilkowski, die noch am Morgen ein wenig mit dem "unpassenden Volksfest" gehadert hatte, weil sie doch selbst sehr ungern im Mittelpunkt steht, zeigte sich dankbar und glücklich über den gelungenen Abschied mit Witz und Charme und großer Demut.
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