Ein Friedhof steckt voller lebendiger Geschichten und Erinnerungen
Fotos: Schwester M. Victoria Jazdzewski
Nachdem auch der Notfallrucksack geschultert war, machten sich die Spezis zu Fuß auf den Weg zum Friedhof. Auf dem Friedhof entdeckten sie verschiedene Symbole als und auf den Grabsteinen: Das Kreuz, die Rose, das aufgeschlagene Buch, die Sonne … All das erzählt von der Liebe der Menschen zu dem Verstorbenen und der Hoffnung, dass mit dem Tod nicht alles vorbei ist. Nach der Aussage eines Kindes, dass ein Grabhügel "giftig" sei, durften sie auch den Grabhügel über einem frischen Grab anfassen, um zu erfahren, dass das ganz normale Erde ist. Einige der Kinder hatten schon den Verlust von Verwandten erlebt und konnten sogar das Grab ihrer Uroma, des Opas zeigen. Dort durften sie gleich ein Lichtchen abstellen. Wir besuchten das Grab von Pfarrer Bernhard Walter, der im Mai dieses Jahres verstorben ist und an den einige Kinder noch Erinnerungen hatten, nachdem sie hörten, dass das der alte, weißhaarige Mann war, der öfter am Zaun des Kindergartens stand und sich freute, die Kinder zu sehen. Jedes Kind durfte ein brennendes Lichtchen auf ein Grab seiner Wahl stellen und dabei Gott bitten, dass dieser Mensch bei ihm ganz froh sein soll.
Unser Weg über den Friedhof führte uns auch an eine Kriegsgräberstätte, an der wir ein Lichtchen auf das Grab eines unbekannten Soldaten stellten. Hier konnten die Kinder anfanghaft erahnen, dass Krieg viel Leid bringt. Um jeden dieser dort begrabenen Soldaten trauerten Eltern, Geschwister, Kinder, Ehefrauen. Die Soldaten waren einfach weg und tot. Manchmal wissen die Eltern noch nicht einmal, wo ihr Kind begraben ist, wie bei diesem unbekannten Soldaten.
Auf dem Weg zum Ausgang sahen wir ein Familiengrab, auf dem ein kleiner Grabstein mit dem Namen "Emma" steht, darüber ein Foto eines kleinen Babys. Das Grab war mit Windmühlen geschmückt, ganz anders als die anderen Gräber. Für die Kinder war es sehr eindrücklich, sinnenhaft zu erfahren, dass auch kleine Kinder sterben können und dann begraben werden. Wir beteten für Emma, aber auch für ihre Eltern, die sicher traurig sind, weil ihre kleine Emma gestorben ist. Darauf sagte ein Junge: "Kinder sind auch traurig, wenn Papa tot ist." Dieses Kind hat den Tod seines Vaters erlebt. Natürlich beteten wir dann auch für die Kinder, die traurig sind, weil Mama oder Papa tot sind. Zum Glück hatten wir noch ein Lichtchen übrig, das wir an diesem Grab entzünden und abstellen konnten.
Nach einem langen Rückweg kamen wir müde, aber mit vielen neuen Erfahrungen, pünktlich zum Mittagessen wieder in der Kita an. An diesem Vormittag haben die Kinder den Tod als etwas Normales, zum Leben Gehörendes erlebt. Ja, jeder Mensch ist traurig, wenn jemand gestorben ist, den er lieb hat. Doch steckt selbst der Friedhof voller Hoffnungszeichen auf das ewige Leben bei Gott. Ein Zeichen dafür sind unter anderem die Lichtchen, die von Jesus Christus, dem Licht der Welt erzählen, und die auch nach unserem Weggehen weiterbrannten, um anderen von dieser Hoffnung zu künden.